Heute läuft sie ja aus, die berühmteste ePetition. Doof ist nur, dass schon am Donnerstag der Entwurf im Plenum des Bundestages liegt, und so wie es aussieht wohl verabschiedet wird. Mal davon abgesehen, dass der Entwurf doch gar nicht so schlimm ist, wie vorher von den selbsternannten Allwissenden propagiert wurde, finde ich ihn natürlich dennoch nicht gut / richtig / angebracht.
Was ich von dieser Petition halte, habe ich ja schon in einem extra Artikel hier beschrieben. Da aber, weil heute ja der letzte Tag der Zeichnungsmöglichkeit ist, gerade wieder so eine Welle durchs Internet und die Bloggersphäre schwappt, hier mal meine psychologische Bewertung des ganzen Themas:
Das ganze hat ja mit einer meines Erachtens nicht ernst zu nehmenden Petition angefangen - mit einer Petition die so leicht zu entkräftende Argumente lieferte (und damit eine Ablehnung erleichtert), das sie den guten Gedanken und die Petition schon von Anfang an ad absurdum geführt hat.
Irgendwann haben dann kleine Blogs angefangen die frohe Kunde zu verbreiten. Irgendwann auch größere Blogs, Nachrichtenportale, Zeitungen usw. Besonders auch Menschen / Institutionen, denen ich bei weitem mehr Fähigkeit zur Bewertung des Ganzen zugetraut hätte.
Ich denke das Ganze ist nur eine psychologische Erscheinung, mit der sich die Massenpsychologie beschäftigt. Dort gibt es unter anderem die sog. Ansteckungstheorie. Diese besagt (ohne detaillierte Betrachtung), dass soziale Gruppen [hier die "Internetgemeinde"] eine hypnotische Wirkung auf ihre Mitglieder ausüben. Jeder möchte ein Teil des ganzen sein, und wir auch allem folgen um eben dieses zu sein. Zusätzlich wird durch eine gewisse Anonymität, welche jede Masse mit sich bringt [und im Internet ganz besonders], die rationale Bewertung einer Sache weiter unterdrückt und es wird blind den Gefühlen der Masse gefolgt.
In einer solchen Masse entsteht eine eigene Dynamik - es werden die “Regeln” einfach in der Entstehungsphase gemacht. Und wenn diese Dynamik einmal läuft, wird das Handeln der einzelnen Elemente tendenziell irrationaler - da man ja weiterhin ein Mitglied des Großen sein möchte. Dadurch wird immer mehr durch das Unbewusstsein gehandelt, und die gegenseitige Induktion der Gefühle [hier die Erkenntnisse wie viele andere Blogs / Medien / etc. das auch schon machen] verstärkt dieses Phänomen noch weiter.
Hinzu kommt auch die (unbewusste) Identifizierung mit anderen Elementen der Masse. Man hat das gleiche Ziel, möchte genauso sein, möchte dabei sein. Also identifiziert man sich über die gleichen Gefühle. Dabei wird das Ziel [in diesem Falle die ePetition] dermaßen idealisiert, das eine rationale Bewertung eben dieser für das einzelne Individuum nicht mehr möglich ist.
So ist es auch meiner Meinung nach zu der Anzahl an Zeichnern der Petition gekommen. Gerne würde ich eine Statistik sehen, aus der hervorgeht:
- Wieviele Zeichner haben es nur gemacht und dabei zu sein
- Wieviele Zeichner haben die Petition verstanden + gelesen
- Wieviele Zeichner haben den Gesetzesentwurf jemals in seiner Gesamtheit betrachtet
- Wieviele Zeichner haben es aus Prestigegründen getan
Ich denke hier wäre das Ergebnis durchaus erschreckend. Ich bin und bleibe der Meinung, dass hier eine Massenhysterie entstanden ist, der blind gefolgt wurde. Und durch daraus resultierende fehlende Realitätsprüfung wurde einfach das wirklich begrüßenswerte Ziel dieser Petition, völlig aus den Augen verloren.
Natürlich bin ich kein Doktor der Sozialwissenschaften oder Sigmund Freud. Aber wenn man die ganze Entwicklung dieser ePetition mal aus einem gewissen Abstand betrachtet, und auch rein sachlich bewertet, wird man feststellen, dass das von mir gesagte durchaus zutrifft.
Nun bin ich eigentlich nur noch gespannt wie sich das Ganze entwickeln wird. Ob man noch mal etwas von der Petition hören wird, und was letztendlich im Bundestag beschlossen wird. Ich denke spätestens am [W/Z]ahltag, werden die Parteien den Lohn für ihren Quatsch bekommen.
Zum teil stimm ich dir da rückhaltlos zu. Die Masse ist dumm. Das war schon immer so.
Nur bin ich für mein teil der Auffassung das die meisten Zeichner nur aufgrund der Deskriptoren in der Petition zum unterzeichnen verleitet wurden.
Als weiteren Punkt könnte man noch die „Stille Post“ anführen. Durch zunehmende Faktoren wird die ursprüngliche Nachricht so verzerrt das ein Wunschbild dessen entsteht was die Masse sich darunter vorstellt. So wurde aus Internetsperre z.b. der Schutz für Kinder vor Missbrauch.
Wie schon mal erwähnt. Papier ist geduldig und letztlich bleibt diese Petition nur eine „Modeerscheinung“.
Und ich wage zu bezweifeln das die vorsitzenden des Bundesverfassungsgerichts sich durch Massenmedien/Hysterie oder Action-News beeindrucken lassen.
So ein „Gesetz“ ist schneller wieder vom Tisch als es geboren ist.
DeserTStorM: Stimmt, gerade der Punkt mit der “stillen Post” spielt hier auch eine große Rolle. Wie du schon ausgeführt hast, meint jeder jetzt er hat etwas gegen den Missbrauch von Kindern getan. In Wirklichkeit bringt es überhaupt nichts, man schaut nur noch mehr weg. In Schweden gibt es diese Sperren schon seit Jahren - der Kindesmissbrauch oder Kinderpornografie hat aber nicht abgenommen…
Schäffi am 16. Juni, 2009